DDB Deutscher Diabetiker Bund, 08.2002

Rundschreiben Wichtige Mitteilung!

Empfehlung des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB) an seine Mitglieder und alle Betroffenen zur Beachtung vor der Einschreibung in Disease-Management-Programme (DMP) bei den Krankenkassen

Grundsätzlich ist der DDB der Überzeugung, dass durch Disease-Management-Programme, die nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und an den Bedürfhissen der Betroffenen ausgerichtet sind, die dringend notwendige Verbesserung der Versorgung erreicht werden kann. Nach der jetzt verabschiedeten Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums ist dies jedoch keinesfalls gewährleistet. Die Erfahrungen der Betroffenen in den letzten 20 Jahren haben gezeigt, dass bei der Vertragsgestaltung der Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht immer vorrangig das Wohl der Betroffenen im Vordergrund steht. Hier sei nur an die vielen Diskussionen und Ergebnisse der Schnittstellendefinition in Struktur- und Modellverträgen, an die Verordnung von Arzneimitteln und Teststreifen, an die Schließung von Fachabteilungen und Fußambulanzen u. a. erinnert.

Nach der vom Bundesgesundheitsministerium verabschiedeten Rechtsverordnung befürchten wir eine Verschlechterung der Versorgung und damit höhere Folgekosten durch mehr Amputationen, mehr Herzinfarkte und andere Folgekrankheiten. Um eine qualifizierte Versorgung zu gewährleisten reicht es nicht aus, den nach dem seiner Zeit vorgelegten Grundlagenpapief zum DMP der AOK vorgesehenen ,Minimalstandard" (wie es im Diabetes Journal 4/2002 bezeichnet wurde) zu erfüllen. Vielmehr muss darüber hinaus in individuellen Fällen die Möglichkeit einer weitergehenden Diagnostik und Therapie gewährleistet sein. Nach Befürchtungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und anderer Fachverbände, die auch der DDB teilt besteht die Gefahr, dass die Ebene der qualifizierten Versorgung durch diabetologische Schwerpunktpraxen und stationäre Einrichtungen mit Fachabteilungen nicht ausreichend in den Programmen der Krankenkassen berücksichtigt werden.

Die erklärten Ziele der St. Vincent-Deklaration und das durch diese Unterversorgung ausgelöste Leid bei den Betroffenen und Angehörigen scheint völlig belanglos.

Der DDB fordert von den verantwortlichen Institutionen, (Krankenkassen, Ärzteverbände u. a.), durch Einrichtung von Schulungszentren/-Vereinigungen - regionale Zusammenarbeit mehrerer Hausärzte in enger Zusammenarbeit mit einer Schwerpunktpraxis oder Facheinrichtung - die Basisversorgung zu verbessern. Femer sollten regional unterschiedliche Management-Programme als Pilot-Projekt erprobt, die Daten ausgewertet und in 2 oder 3 Jahren auf der Basis der gesammelten Erfahrungen dann bundesweit und einheitlich eingeführt werden.

Bei allen Diskussionen, die durch den „Curaplan" (Behandlungsprogramm der AOK) und den von einer kleinen, nicht repräsentativen Gruppe von Medizinern vorgegebenen Behandlungsleitlinien der AOK ausgelöst worden sind, scheint sich ein Trend besonders deutlich abzuzeichnen. Das Schicksal einzelner Betroffener soll zukünftig nicht mehr von der Solidargemeinschaft abgefangen werden (siehe folgende Zitate von Dr. Jörgens, Prof. Chantelau).

Aus dem Leserbrief von Dr. med. V. Jörgens:
„Ein weiterer Schritt von erheblicher politischer Bedeutung und Brisanz sind die Überlegungen zur medizinischen und ökonomischen Relevanz von Behandlungen, d.h. die Frage, ob durch eine Behandlung für den Patienten ein persönlicher Nutzen zu erwarten ist oder ob 100 Patienten 10 Jahre lang behandelt werden müssen, um nur einem einzigen Menschen Vorteile zu bringen (99 behandeln sich dann 10 Jahre vergebens aber nicht umsonst)". - Diabetes Journal 6/2002, S. 14.


Aussage von Prof. E, Chantelau:
„Der ganze Aufwand soll geschätzte 1.500 Fußamputationen jährlich, 3.000 Erblindungen und 4.000 Dialysefälle verhindern ... Diese paar „Kollateralschäden" („Begleit- Folgeschäden") bei weniger als einem Prozent aller deutschen Diabetiker (Anmerkung des DDB: Sozial verträgliches Ableben !!!) kostet doch höchstens eine Milliarde EURO - wozu dann zehn Milliarden und mehr ausgeben ?" - Ärztliche Praxis Nr. 57/58, S. 18.

Diese menschenverachtenden Überlegungen verstoßen nach Auffassung des DDB und vieler anderer Fachverbände in eklatanter Weise gegen die im Grundgesetz und die im SGB V verankerten „Grundrechte der Bürger" in unserem Lande. Hier wird anscheinend nach der Devise verfahren, wenn Gesundheitsförderung nicht zu den erhofften Einsparungen fuhrt, müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dieser Entwicklung entgegenwirken. Es ist nicht vertretbar, dass in einem der kostenintensivsten Gesundheitswesen der Welt Millionen von Diabetikern nicht ausreichend behandelt und somit in menschenverachtender Weise der Gefahr ausgesetzt werden, schlimmste Folgeerkrankungen erleiden müssen - diese Kosten können nicht ausschließlich den Betroffenen angelastet werden ! Aus vielen Studien ist bekannt, dass gut geschulte/betreute Diabetiker wesentlich kostengünstiger versorgt werden können

Dem Trend wirkungsvoll entgegentreten kann jedoch nur ein starker Interessensverband. Wir können nur hoffen, dass uns in unseren Bemühungen noch viele Betroffene durch eine Mitgliedschaft im DDB den Rücken stärken.

Die Rechtsverordung wurde vom Gesundheitsministerium verabschiedet und ist zum 01.07.02 in Kraft getreten. Auf der Basis dieser Rechtsverordnung haben die Krankenkassen nun Ihre Disease-Management-Programme zu entwickeln und dem Bundesversicherungsamt (BVA) zur Prüfung und Akkreditierung (Anerkennung) vorzulegen.

Empfehlung des DDB an seine Mitglieder!

Da wesentliche Eckpfeiler einer guten Versorgung in der Rechtsverordnung nicht klar festgeschrieben sind, wird der DDB die Programme der Krankenkassen im Vergleich zur bisherigen Behandlung intensiv prüfen und auf Defizite in den Verträgen hinweisen. Danach werden wir über unsere Mitgliederzeitschriften „subkutan" und „Diabetes-Journal" informieren. Erst danach sollten Sie entscheiden, ob Sie sich bei Ihrer Krankenkasse für ein DMP eintragen.


Der Bundesvorstand


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  Am 7. September 2002 findet ein Gesundheitspolitisches Forum statt, mit dem Thema: " Disease Management Programme - Neue Chancen für chronisch Kranke? " Veranstalter sind der DDB Landesverband Niedersachsen und die Firma Bayer Vital. Einzelheiten erfragen Sie bitte bei den Bezirksvorsitzenden bzw beim Landesvorstand oder folgen Sie dem Link:  
  Disease-Management Programme - Neue Chance für chronisch Kranke ? 07.09.2002  
  Machen auch Sie durch Ihre Teilnahme an diesen Veranstaltungen deutlich, dass der Betroffene im Mittelpunkt bei der Entwicklung der Programme stehen muss und diskutieren Sie mit.  
     
  Leitlinien Diabetes und DMP  
     


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