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Informationsdienst Wissenschaft (idw), 12.05.2003
Schlank ohne Diäten?
Eine Gruppe von Wissenschaftlern von der Harvard Universität in Boston,darunter
der Leipziger Dr. Matthias Blüher, der jetzt eine Gruppe junger Wissenschaftler im Interdisziplinären
Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) an der Universität Leipzig leitet, hat mit sogenannten Knock-Out-Mäusen
eine genetische Komponente für Übergewicht (Adipositas) nachgewiesen.
Fehlt den Mäusen ein spezieller Insulin-Rezeptor, bleiben sie schlank und leben länger, auch wenn sie
genau soviel oder mehr als ihre "normalen" Artgenossen essen.
Da das Genom der Mäuse dem des Menschen sehr ähnlich ist, Mäuse aber einen wesentlich schnelleren
Lebenszyklus haben, sind sie ideale Modelle für Wissenschaftler. Analogien zum Menschen sind dennoch nicht
so ohne weiteres möglich. "Es bedarf noch vieler Untersuchungen, bis das, was bei den Mäusen funktioniert
auch für den Menschen bewiesen ist.", erklärt Dr. Blüher. "Es ist vor allem noch ein weiter
Weg bis zur Entwicklung von Medikamenten, die ganz gezielt nur im Fettgewebe den Insulin-Rezeptor ausschalten."
Unter der Leitung von Dr. Blüher arbeitet seit Januar diesen Jahres eine Nachwuchsgruppe im Interdisziplinären
Zentrum für Klinische Forschung der Universität Leipzig daran, die Rolle des Fettgewebes für die
Steuerung des Stoffwechsels und der Insulinwirkung genauer zu untersuchen, um einerseits die Grundlage für
die Entwicklung von wirksamen Medikamenten gegen Adipositas zu legen und andererseits der Entwicklung des sogenannten
Metabolischen Syndroms vorzubeugen, das die Lebenserwartung wesentlich verkürzen kann. Unter Metabolischen
Syndrom verstehen die Mediziner eine Reihe von Krankheiten, die unter anderem als Folge der Adipositas auftreten
können. Dazu gehören Diabetes Typ II, Fettstoffwechselstörungen, Herz- und Kreislauferkrankungen,
Schlaganfall, Leberfunktionsstörungen. Das ist auch unter dem Blickwinkel bedeutsam, weil man damit rechnet,
dass sich die Zahl der Patienten mit Metabolischem Syndrom in den nächsten Jahren in Deutschland nahezu verdoppelt.
"Wir unterscheiden bei unseren Untersuchungen zwei Fettgewebsdepots, und uns interessiert dabei besonders
das viszerale Fettgewebe.", fährt Blüher fort. "Das ist das Fettdepot, was sich in der Bauchhöhle
befindet. Das Unterhaut- oder subkutane Fettgewebe spielt für die Ausbildung des Metabolischen Syndroms offensichtlich
eine geringere Rolle." Besonders gefährdet sind also Dicke, die einen Bauch vor sich her tragen und weniger
die, bei denen das Fett gleichmäßig über den ganzen Körper verteilt ist. "Aber,"
warnt Dr. Blüher, "Oft kommt beides zusammen."
Die Wissenschaftler rücken dem Problem mit unterschiedlichen Methoden zu Leibe. Sie prüfen am Mausmodell
welche Unterschiede es bei den verschiedenen Arten des Fettgewebes gibt und welche Gene die Bildung welcher Art
von Fettgewebe begünstigen. Außerdem prüft man die Fettzellen oder Adipozyten hinsichtlich verschiedener
Prozesse, die in der Zelle selbst oder zwischen den Zellen ablaufen. Die Ergebnisse der experimentellen Arbeiten
werden dann in klinischen Studien überprüft und verglichen mit krankheitsauslösenden Faktoren bzw.
bereits aufgetretenen Erkrankungen. So hofft man, in absehbarer Zeit ganz neue Möglichkeiten der Behandlung
von Adipositas zu finden und damit das Metabolische Syndrom zurückzudrängen oder sogar zu verhindern.
Dr. Blüher weiss, wie wichtig das ist. Denn "alle bisherigen Strategien zum Gewichtsabbau verlangen eine
dauerhafte Umstellung der Lebensweise, wenn es nicht zu dem gefürchteten Jo-Jo-Effekt kommen soll. Und das
gelingt den Wenigsten."
weitere Informationen:
Dr. Matthias Blüher
Telefon: 0341 97 13 301
E-Mail: bluma@medizin.uni-leipzig.de
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.uni-leipzig.de/~izkf/html/teilprojekt_n_03.htm
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