dpa / news aktuell - ots, 27.01.2003 

Gemeinsam aktiv in die Zukunft: Endokrinologie

Diabetologie und Vaskuläre Medizin

Grünwald (ots) - Es wird Zeit, endlich ein positives Zeichen im Gesundheitswesen zu setzen und gemeinsam aktiv die Zukunft der Medizin zu gestalten, so der Appell von Prof. Petra-Maria
Schumm-Draeger, Chefärztin der 3. Medizinischen Abteilung im Krankenhaus München Bogenhausen. Und das bedeute, dass Ärzte in Kliniken und freier Praxis gemeinsam fachübergreifend im Sinne der Patienten zusammenarbeiten. Ein gutes Beispiel hierfür ist das interdisziplinäre Konzept, das beim "Bogenhausener Update" in München vorgestellt wurde. Sein Anliegen ist es, eine qualifizierte Diagnostik und Behandlung von Patienten, die an Hormon-, Zucker- sowie an Gefäßerkrankungen leiden, zukünftig sicherzustellen. Diese integrierte, stationäre und ambulante Versorgung der Betroffenen sowie ein optimal ausgestaltetes "Disease-Management-Programm" (DMP) müssen auch aus Sicht der Krankenkassen und der Politik akzeptiert werden, um endlich glaubhafte Ziele der Vorbeugung, Früherkennung und qualifizierten Behandlung der Patienten zu gewährleisten, so Schumm-Draeger.

Auch Prof. Rüdiger Landgraf, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft, sieht hoffnungsvoll in die Zukunft - besonders der Diabetesbehandlung. Die nächsten Jahre werden erhebliche Neuerungen bringen, so der Ausblick Landgrafs In absehbarer Zeit werde die Sicherung der Diagnose Zuckerkrankheit mit Hilfe molekulargenetischer Parameter und dem Erkennen familiärer Disposition (Veranlagung) sehr viel besser möglich sein als bisher. Auch im Bereich der Therapie seien in den nächsten zwei bis drei Jahren entscheidende Schritte zu erwarten: z.B. die kontinuierliche Blutzuckermessung, wobei erste Methoden bereits im Teststadium seien, neue orale Medikamente (oder: Medikamente zum Einnehmen), die teilweise schon zur Verfügung stünden, aber bisher noch nicht in die Positivliste aufgenommen wären. Außerdem zeigten sich in der Gen- und Stammzellforschung hoffnungsvolle Ansätze, die Zuckerkrankheit direkt an ihrer Wurzel zu packen: an den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die bei Diabetes zu wenig oder gar kein Insulin produzieren. Vermehrtes Augenmerk würde man in Zukunft auch endlich auf die Prävention des Typ-2-Diabetes, des so genannten Altersdiabetes, legen - was nicht zuletzt zu einer deutlichen Kostenreduzierung im Gesundheitswesen beitragen werde. In Teilen Deutschlands leide über acht Prozent der Bevölkerung an Diabetes (die meisten an Typ 2) - Tendenz: erheblich steigend. Vor allem seien auch immer mehr jüngere Menschen betroffen. Groß angelegte Studien konnten jetzt zeigen, dass durch eine sinnvolle Lebensstiländerung (z.B. richtige Ernährung, mehr Bewegung, Abbau von Übergewicht) bei einem Drittel (!) der Risikopatienten der Ausbruch der Erkrankung verhindert werden kann. Wermutstropfen: Für Typ-1-Diabetiker (so genannter jugendlicher Diabetes) seien bisher noch keine erfolgreichen Präventionsmaßnahmen in Sicht.

Die Endokrinologie ist ein fachübergreifendes, komplexes medizinischen Fachgebiet. Hormonstörungen seien Ursache vieler schwerer Erkrankungen, sie lägen aber auch einer Vielzahl von Volkskrankheiten zugrunde: z.B. Zuckerkrankheit, Osteoporose (Knochenschwund), Schilddrüsenvergrößerung (Kropf), so Prof. Hendrik Lehnert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Außer der Diagnostik und Therapie bereits bestehender Hormonstörungen komme der Prävention und Früherkennung dieser Erkrankungen eine ganz besondere Bedeutung zu. Und gerade das Übergewicht sei ein entscheidender Faktor bei vielen der Volkskrankheiten mit erheblichen Folgen (und Folgekosten) für die Gesundheit der Betroffenen. 30 Prozent der Amerikaner seien heutzutage stark übergewichtig (Bodymass Index, BMI, von über 30),. so Lehnert. Bereits 19 bis 20 Prozent seien es in Deutschland, mit dem Osten der BRD als traurigem Spitzenreiter - und die "Zunahme" stetig. Diese Zahlen verdeutlichen, wie wichtig Aufklärung und Präventionsmaßnahmen gegen die Volkskrankheiten in der heutigen Zeit geworden seien. Nur ein enger Schulterschluss der verschiedenen medizinischen Disziplinen aus Klinik und Praxis und den Patienten, beispielsweise in "Hormonzentren", werde in Zukunft die optimale Betreuung der Betroffenen sicherstellen können, lautete Lehnerts Fazit.

Leider sei dieser Schulterschluss momentan noch nicht allzu ausgeprägt, klagte Dr. Thomas Eversmann, Präsident des Berufsverbandes der niedergelassenen Endokrinologen. Beispielsweise die Überweisungsrate der "Hausärzte" ihrer Patienten an einen Spezialisten lasse noch zu wünschen übrig. Was, neben der 15 bis 30 Prozent geringeren Vergütung fachärztlicher Leistungen im Vergleich zu hausärztlichen, zu erheblichen Nachwuchssorgen im Bereich der Endokrinologiepraxen führe. Und das könne nicht im Sinne des Patientenwohls sein, so Eversmann. Um die Versorgung zu verbessern, seien vor allem klare Richtlinien für Präventionsmaßnahmen, sinnvoll eingesetzte Screeningmethoden sowie eine kontinuierliche Weiterbildung der Ärzte und wirkliches Qualitätsmanagement unabdingbar - und nicht zuletzt die Bereitschaft der Patienten, selbst eine Mitverantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen.

In der gynäkologischen Endokrinologie (Frauenheilkunde) stellt die Prävention der Osteoporose ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Bisher wurden viele Frauen während und nach den Wechseljahren "nach dem Gießkannenprinzip" mit Hormonen behandelt, selbst, wenn kein Osteoporoserisiko vorlag, so Dr. Vanadin Seifert-Klauss, Oberärztin an der Frauen- und Poliklinik der TU München. Die Ergebnisse der so genannten WHI-Studie hätten nun aber zu einer deutlichen Einschränkung der Hormonersatztherapie (HRT) geführt. Zwar hätte die Studie gezeigt, dass durch die Hormongaben die Knochenbruchrate bis zu 36 Prozent gesenkt werden konnte, allerdings traten Thrombosen, Herzinfarkte, Schlaganfälle und Brustkrebs unter dieser Behandlung häufiger auf. Das bedeute, laut Seifert-Klauss, dass die zur Auswahl stehenden Präventionsstrategien und ihre Nebenwirkungen in Zukunft sehr viel genauer besprochen und zu anderen Erkrankungen und Risiken (z.B. Alter, schon aufgetretene Knochenbrüche) Patientinnen ins Verhältnis gesetzt werden müssen - das Gießkannenprinzip sei endgültig passé. Was wiederum bedeute, dass, neben eingehender Forschung, vor allem auch eine engere Zusammenarbeit der einzelnen medizinischen Disziplinen vonnöten sei. Denn wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen müssen ermöglicht werden - allerdings auch finanziell.

"Zur optimalen Versorgung der Patienten gibt es nur eins: gemeinsam interdisziplinär an einem Strang ziehen!", lautete daher das Schlusswort von Frau Prof. Schumm-Draeger.


Weitere Informationen und Kontakt:
Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger
Chefärztin der 3. Medizinischen Abteilung
Städtisches Krankenhaus München Bogenhausen, Akademisches
Lehrkrankenhaus der TU München, Englschalkinger Strasse 77, 81925
München
Telefon: 089 - 9270 - 2111, Telefax: 089 -9270 - 2116
eMail:
Petra-Maria.Schumm-Draeger@extern.lrz-muenchen.de

und

Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
und Deutsche Diabetes-Gesellschaft
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Telefon: 089 - 693 40 122
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