Informationsdienst Wissenschaft (idw), 16.02.2004 

Warum das HDL-Cholessterin das "gute" ist

Bedeutung der Rolle von HDL-Cholesterin weiter aufgeklärt


Auch Laien wissen heute, daß eine hohe Konzentration von Blutfetten (Cholesterin) ein Risiko für Gefäßerkrankungen bedeutet, insbesondere für Herzinfarkt und Schlaganfall. Allerdings sagt ein hoher Cholesterinspiegel im Blut allein wenig über die Gefahren aus. Entscheidend sind vielmehr die einzelnen Fraktionen der Blutfette: Dabei stellte sich schon vor Jahren heraus, daß das sogenannte HDL-Cholesterin nicht gefährlich ist, vielmehr als "gutes" Cholesterin sogar einen Schutzfaktor gegenüber Gefäßkrankheiten darstellt. Warum, blieb allerdings bislang zum großen Teil unklar. Jetzt hat eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Münster, Düsseldorf, Essen, Tokio und Berlin, an der Professor Dr. Markus van der Giet aus der "Medizinischen Klinik IV" der Charité maßgeblich beteiligt ist, des Rätsels Lösung gefunden: Die Gruppe stellte fest, daß HDL ein entscheidender Regulator des sogenannten Gefäßtonus, der Eng- bzw. Weitstellung der Blutgefäße, ist. Denn HDL stimuliert die Bildung und Freisetzung des flüchtigen Gases Stickstoffmonoxyd (NO) aus den Endothelzellen, jenen Zellen, die die Innenauskleidung der Blutgefäße bilden. HDL bindet dafür an den entsprechenden Rezeptor in der Wand dieser Zellen. Sobald NO daraus freigesetzt ist, erschlaffen die Muskelzellen in den tieferen Schichten der Gefäßwand und die Gefäßlichtung erweitert sich.

Mangelt es dagegen an HDL, so wird auch relativ zu wenig NO gebildet: die Gefäßrelaxation bleibt aus. Auf Dauer verändert sich dann die Gefäßwand: Immunzellen wachsen ein, die Bildung von Thromben wird gebahnt, der Arteriosklerose der Weg bereitet.

Die Forscher erkannten außerdem, daß für die Freisetzung von NO nicht das gesamte HDL- Molekül verantwortlich ist. Vielmehr lassen sich dessen gefäßaktive Effekte durch drei seiner Komponenten, den sogenannten Lysophospholipiden S1P, SPC und LSF erzielen und zwar mit jedem einzelnen. Damit dürften diese Substanzen interessante Objekte für die Pharmaindustrie, u.a. zur Bekämpfung der Arteriosklerose, sein.

Die Wissenschaftler fanden die Zusammenhänge zwischen HDL und N0 an isolierten Schlagadern aber auch im Tier (an Ratten und Mäusen) und konnten ihre Erkenntnisse am heutigen 16. Februar im renommierten Fachblatt "The Journal of Clinical Investigation" (Nofer J.-R., van der Giet, M et al. 113 [2004] 569-581) veröffentlichen.

(Die Erkenntnis, dass NO jene Substanz in den Endothelzellen der Gefäßwand ist, die das Gefäß erschlaffen lässt, hat Professor Louis Ignarro aus Los Angeles im Jahre 1998 den Nobelpreis eingebracht. Jetzt kennen wir eine weitere wichtige Substanz, die verantwortlich ist für die Bildung von NO: HDL-Cholesterin.)

Dr. med. Silvia Schattenfroh
Charité-Universitätsmedizin Berlin
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