Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15.12.2001 

Ministerin pfeift Kassen zurück

Hannover (ibu). Die niedersächsische Sozialministerin Gitta Trauernicht hat ein aufsichtsrechtliches Verfahren gegen die Pläne von neun Betriebskrankenkassen eingeleitet, künftig die Abrechnungen der niederländischen Internet-Apotheke „DocMorris" zu akzeptieren. Es müsse Klarheit geschaffen werden, ob die Kassen damit gegen geltendes Recht verstießen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Freitag. „Wir prüfen das zurzeit." Möglich sei, dass es Lücken im Gesetz gebe. Wahrscheinlich handele es sich aber um einen Verstoß. Den Angaben zufolge leiteten sämtliche Bundesländer gleichzeitig entsprechende Verfahren ein. In Deutschland ist der Versandhandel mit Medikamenten verboten.

Neun niedersächsische Betriebskrankenkassen hatten am Donnerstag erklärt, sie wollten den steigenden Arzneimittelausgaben nicht länger tatenlos zusehen. Ihre Mitglieder könnten neben den Rezeptgebühren bis zu 15 Prozent sparen, wenn sie ihre Medikamente bei „DocMorris" bezögen. Die Apothekerkammer Niedersachsen kritisierte die Ankündigung der Krankenkassen am Freitag scharf. „Das ist eine offene Aufforderung zum Rechtsbruch, den die Kassen an ihre Versicherten ausgesprochen haben", sagte Kammerpräsidentin Magdalene Linz. Sie wandte sich an Ministerin Trauernicht, die daraufhin eine Landtagssitzung unterbrach, um sich die Einwände der Apotheker anzuhören.

Die angeblichen Einsparungen, die sich die Kassen davon versprächen, dass ihre Mitglieder sich Arzneien über das Internet besorgten, sei in Wirklichkeit der „Ausverkauf eines der sichersten und besten Versorgungssysteme der Welt", sagte Linz. Nirgendwo sonst werde der Arzneimittelsicherheit so viel Bedeutung beigemessen wie in Deutschland. 22 000 Apotheken stünden dafür gerade, dass Patienten das bekämen, was der Arzt verordnet hat. Nach Linz' Angaben kündigten zahlreiche Apotheker Proteste gegen das Vorgehen der Kassen an. Sie wollten beispielsweise keine Notdienste mehr machen. Das Handeln der Sozialministerin habe die aufgebrachte Apothekerschaft aber von voreiligen Aktionen abgehalten, sagte Linz.


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Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15.12.2001 

Arzneimittel

Ein Signal

Es verwundert niemanden, dass die Apotheker Sturm laufen gegen die Ankündigung von neun niedersächsischen Betriebskrankenkassen, Abrechnungen der niederländischen Internet-Apotheke „DocMorris" zu akzeptieren. Schließlich befürchten sie erhebliche Einkommenseinbußen, wenn sich diese Praxis durchsetzen sollte. Doch darüber sprechen die Apotheker nicht. Sie empören sich über das mögliche Ende „eines der sichersten und besten Versorgungssysteme der Welt".

Statt über Besitzstandswahrung nachzudenken, müssten auch die Apotheker eingestehen, dass die steigenden Ausgaben für Arzneimittel das System sprengen könnten. Und dagegen richtet sich das vermeintlich skandalöse Treiben der Kassen. Es ist ein Signal - an die Politik.

Tatsächlich ist der Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland verboten. Auch die deutschen Apotheken dürfen keine Medikamente per Post verschicken. Das forsche Vorgehen der Betriebskrankenkassen zwingt deshalb zum Handeln. Wenn sie ihre Aufforderung an ihre Versicherten, sich Medikamente aus den Niederlanden schicken zu lassen, zurücknehmen müssen, haben sie doch zumindest etwas getan.

Die Apotheker reden zwar von eigenen Ideen zur Senkung der Arzneimittelkosten. Sie sollten aber lieber Vorschläge auf den Tisch legen, anstatt zu jammern. INKA BUROW


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