Hannoversche Allgemeine Zeitung, 23.04.2002 

Schmidt erlaubt Internet-Apotheke

Berlin (dpa). Trotz massiver Proteste der Apotheker will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den Versandhandel mit Arzneien in Deutschland erlauben. Dies kündigte sie am Montag in Schloss Ziethen bei Berlin nach der vierten und letzten Sitzung des „Runden Tisches" für das Gesundheitswesen an. Ein gemeinsames Konzept für die geplante Gesundheitsreform 2003 legte die vor einem Jahr von Schmidt einberufene Spitzenrunde allerdings nicht vor. Beim Versandhandel kann der Patient ein Medikament etwa über Internet oder Telefon bestellen und erhält es dann nach Hause geliefert. Dabei müsse aber der Schutz der Patienten sichergestellt werden, betonte Schmidt. Auch dürfe die wohnortnahe Versorgung der Bürger durch herkömmliche Apotheken nicht gefährdet werden.


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Hannoversche Allgemeine Zeitung, 23.04.2002 

Berlin gibt nach: Die Internet-Apotheke wird erlaubt

Deutschlands Apotheker laufen Sturm: Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will den Versandhandel mit Arzneien erlauben. Sie beendet damit eine lange Auseinandersetzung. Die Rechtslage ist verzwickt: Das deutsche Arzneimittelgesetz verbietet Internet-Handel, das europäische Recht erlaubt ihn.

Sie ist die Prominenteste unter den Konkurrenten, die deutschen Apotheker fürchten sie: Die niederländische Internet-Apotheke „DocMorris". Wer bei „DocMorris" online seine Medikamente bestellt, spart nicht nur die Rezeptgebühr. Pillen und Salben sind bis zu 20 Prozent billiger als in der Apotheke an der nächsten Ecke. Bereits kurz nach dem Start vor zwei Jahren zählte der Niederländer an seiner Computer-Theke 14 000 Kunden; mittlerweile sind es weit über 40 000. Auch in Deutschland wird Umsatz gemacht - allerdings in einer rechtlichen Grauzone.

Seit 1998 ist der Versandhandel mit Medikamenten grundsätzlich verboten. Europaweit gilt dagegen die so genannte E-Commerce-Richtlinie, unter deren Schutz Internet-Dienste grenzüberschreitend ihre Waren anbieten dürfen. Was gilt? Der Apothekerverband pocht auf deutsches Recht, klagte und löste eine Prozesslawine aus. Während Berliner Richter zu Gunsten „DocMorris" entschieden, untersagten die Frankfurter Kollegen vor gut einem Jahr dem Niederländer den Medikamenten-Versand an deutsche Adressen. Der Konkurrent aus dem Web reagierte prompt. Er trennte das Bestellen vom Liefern und bittet seine deutschen Kunden nun, sich die Ware durch einen Kurier - auf Kosten von „DocMorris" - zustellen zu lassen. Nebenbei wird weiter durch alle Instanzen gestritten.

Im Dezember stiegen die Krankenkassen publikumswirksam in die Arena. Neun Betriebskrankenkassen (BBK) in Niedersachsen kündigten öffentlich an, dass sie Rezepte von „DocMorris" künftig akzeptieren und ihren Versicherten erstatten werden. Im März schloss der BKK-Landesverband in Bayern mit dem Niederländer sogar einen Arzneimittelliefervertrag. Die Apotheker bemühten wiederum ihre Juristen und fordern eine Unterlassungserklärung. Über die Klage gegen die niedersächsischen Rebellen wird voraussichtlich in diesem Monat vor dem Sozialgericht in Hannover entschieden - möglicherweise ohne mündliche Verhandlung, heißt es bei der BKK Continental in Hannover.

Nun hat die Gesundheitsministerin ein Einsehen: Das Verbot der Internet-Apotheke soll fallen. Ganz überraschend kommt die Entscheidung nicht. Längst sorgt der deutsche Streitfall für europäische Verstimmung. Nicht nur beim Europäischen Gerichtshof droht eine Schlappe, auch bei der EU-Kommission ist der Fall anhängig. Aus Ärger über eine scharfe Rüge des Bundesversicherungsamts hatten die aufmüpfigen Betriebskrankenkassen sich in Brüssel beschwert. In ihrer Stellungnahme ließ die Bundesregierung die Kommission wissen, dass man gewillt sei, dem Vertriebsweg Internet neue Chancen zu eröffnen.

Dennoch - die Apotheker haben noch nicht aufgegeben. Ende vergangene Woche starteten sie eine bundesweite Unterschriftenaktion gegen die Einführung des Versandhandels. Sie fürchten den Ruin vieler Apotheken. Betroffen seien allein in Niedersachsen mehr als 2000 Geschäfte mit rund 14 000 Mitarbeitern, fast durchweg Frauen, betont der Verband. Zudem wird bezweifelt, dass der elektronische Handel so sicher, schnell und kostengünstig sei wie die herkömmliche Versorgung.

Ganz nebenbei hat die Branche allerdings begonnen, sich auf die neue Zeiten einzustellen. Als erster startete bereits vor Monaten der Apothekerverband Nordrhein mit einem eigenen Versandangebot. Der Kunde ordert sein Medikament online - abholen kann er es in der nächsten Apotheke.

GABI STIEF


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